„Im Müll anderer graben“ – Archäologische Exkursion auf Elephantine
Früh am Morgen bestieg eine kleine Schülergruppe ein Motorboot. Der Benzingeruch verflog im Gegenwind, der anfangs einige frösteln ließ, doch die Morgensonne in Aswan lächelte bereits freundlich auf die noch verschlafene Gruppe. Der Lärm des Motorboots und der Gesang eines Jungen durchbrachen die Stille auf dem Nil. Das Boot passierte das Mövenpick-Hotel mit seinem hohen Aussichtsturm und das Dorf der Nubier, die in ihren bunten Gasthäusern Touristen beherbergen, die sich das Mövenpick-Hotel nicht leisten wollen, aber dennoch Ruhe, Gelassenheit und ein Frühstück an der schönsten Stelle des Nils suchen. Schließlich erreichten die Gruppe ihr Ziel: die Ruinen des antiken Elephantine. Die Schüler, die nun die Treppe zum Eingang hinaufstiegen, interessierten sich besonders für das alte Ägypten und nutzten ihre Freizeit, um mehr darüber zu lernen. Freundlich begrüßte sie Cornelius von Pilgrim, ein Archäologe des Schweizer Instituts für Archäologie.
Elephantine existierte in der Antike nicht in ihrer heutigen Form und bestand hauptsächlich aus den Ruinen, über die sie jetzt liefen. Diese strategisch wichtige Stelle am ersten Katarakt, einer natürlichen Barriere aus Stromschnellen und Felsen, trennte Oberägypten von Nubien. Deshalb errichteten die Menschen dort früh eine Festung und Tempel für die lokalen Gottheiten Satet, Khnum und – auf einer anderen Insel – Anuket.
Von Pilgrim zeigte die Fundamente zweier in der Antike verschwundener Tempel sowie die ausgegrabenen Häuser, die sich in der alten Festung ansiedelten. Er erklärte, wie Archäologen aus wenigen verbliebenen Steinen zunächst einen jüngeren Tempel rekonstruieren und daraus einen älteren, kleineren Tempel ableiten. Von Pilgrim betonte, dass Archäologen praktisch „im Müll“ graben, also in den Hinterlassenschaften, die damals niemand mehr für wichtig hielt. So fanden sie Schätze wie zwei gut erhaltene Äxte, die offenbar vergessen wurden. Seine Erklärungen waren anschaulich und lebendig, sodass die Schüler aufmerksam lauschten. Sie blieben nicht passiv, sondern löcherten ihn mit Fragen, die er mit Geduld und Leidenschaft beantwortete.
Von einem Aussichtsturm überblickte die Gruppe die Ausgrabungen und genoss die Schönheit Aswans am Vormittag. Anschließend erklärte von Pilgrim die Funktionsweise zweier Nilometer und wie die alten Ägypter damit den Wasserstand und die zu erwartenden Ernteerträge einschätzten. Im temporären Museum staunten die Schüler, als von Pilgrim von normierten Silberstücken als Vorläufern unseres heutigen Geldes berichtete. Ein alter Ehevertrag aus dem 4. Jahrhundert vor Christus regte ebenfalls zu vielen Fragen an.
Als die Gruppe in der aufsteigenden Mittagssonne mit dem Motorboot zurückfuhr, blickten sie auf die Insel mit neuen Einblicken in die Geschichte, das Handwerk und die Technik der alten Ägypter zurück. Auch als erst die Ruinen, dann das nubische Dorf mit seinen bunten Häuserfassaden und schließlich das Mövenpick-Hotel mit seinem Aussichtsturm ihrem Blickfeld entglitten, blieben die Eindrücke dieser Exkursion, die die alten Ägypter – wenn auch nur für einen kurzen Augenblick – lebendig machte.
Eindrücke von Schülern
Am meisten beeindruckt war ich persönlich von den Funden, welche bei den Ausgrabungen der Archäologen gefunden worden sind, da man durch diese Funde vieles über den Alltag unserer Vorfahren feststellen konnte. (Aly Elsayed)
Im Gegensatz zu dem prachtvollen Leben der Könige, das auf den Wänden der Tempeln geschnitzt war, konnte man auf der Elephantine-Insel einen Blick auf den bescheidenen Alltag unserer Vorfahren werfen und eine Vorstellung über das Leben der einfachen Bevölkerung bekommen. (Youssef Khalil)
Es war faszinierend zu sehen, wie die Ausgrabungen auf der Elephantineninsel Schicht für Schicht die Geschichte ans Licht bringen – Tempel auf Tempeln, Häuser auf Häusern, und selbst im alltäglichen Müll verbirgt sich ein faszinierendes Stück der Vergangenheit. (Sara El Dahrawy)